Für viele Europäer ist es kaum vorstellbar – ein Weihnachtsfest ohne dick eingemummelte Weihnachtsmarktbesucher, ohne gigantische Weihnachtsbäume, ohne Lichterketten, die in der Dunkelheit
leuchten. Und nicht nur Kinder sehnen gerade zum Fest den Schnee herbei – der die romantische Weihnachtskulisse perfekt macht. Dass die Botschaft des Weihnachtsfestes eine andere ist und bei Jesu
Geburt ganz sicher kein Schnee lag, bleibt vielen verborgen. Obwohl Weihnachten in Deutschland einen hohen Stellenwert hat, droht der Sinn des Festes unter Konsum und Kitsch zu verschwinden. Die
Adventszeit, die eigentlich als „kleine Fastenzeit“ gilt, ist geprägt von Hetze und Stress. Menschen, die in anderen, südlicheren Teilen der Welt leben, haben oft einen ganz anderen Zugang zum
Fest. Dort ist es hell und heiß, laut und rege. Manche Christen stehen recht allein da, weil in Ländern wie Syrien, Indien oder Kuba das Weihnachtsfest nur eine geringe gesellschaftliche
Bedeutung hat oder Christen in der Ausübung ihres Glaubens gehindert werden . Aber auch dort wird geschmückt, gefeiert und Gemeinschaft erlebt. Wem es gelingt. Die Kunst ist, neben dem Rummel,
den Erwartungen oder Einschränkungen die weihnachtliche Botschaft nicht aus den Augen zu verlieren. Denn eines haben alle Christen auf der ganzen Welt gemeinsam: Sie feiern, dass Gott durch
Geburt Jesu Christi als Mensch zu den Menschen gekommen ist – ob es nun schneit oder nicht. Wir haben Christen in aller Welt gebeten, ihr Weihnachtsfest für die KIM-Leser zu beschreiben.
Anders als in Deutschland kündigt sich hier bei uns die Adventszeit mit dem Frühling an. Im Dezember ist es dann Sommer und richtig heiß. Zu unserem Weihnachtsfest gehören Aprikosen und Trauben,
Mangos und Wassermelonen. Wenn es ausreichend geregnet hat, ist die ganze Natur in ein kräftiges Grün gekleidet, und die Bäume mit ihren verschiedenen Blüten und Farben heben die Schönheit der
Schöpfung Gottes hervor. Aber fast immer ist es heiß, so heiß, dass sich die Kerzen auf dem Altar in der Hitze biegen. Als Kind im Buschfeld aufgewachsen, war für mich das Weihnachtsfest eine
tolle Zeit, unabhängig vom Wetter. Wenn die Busse mit den Arbeitern über die Sandstraßen nach Hause in die Dörfer kamen, war die Freude groß. Zu Weihnachten waren die Familien wieder zusammen und
es gab Geschenke. Wie herrlich und fröhlich sahen die Kinder aus, neu eingekleidet und mit Leckereien aus der Stadt beglückt. Es war eine ansteckende Freude. In unserer Kirche stand neben dem
Altar der Weihnachtsbaum – keine Tanne, sondern ein einheimischer Baum. Mit Garn waren Weihnachtskekse an den Zweigen befestigt. Man nannte diesen Baum „Setlhare sa maungo“ – der Baum der
Früchte, die an die Kinder verteilt wurden. Seitdem hat sich vieles geändert. Die Sonderbusse der Arbeiter sind inzwischen abgelöst worden von privaten PKWs und Kleinbussen. Die Geschenke sind,
dank besserer Wirtschaftlage, üppiger geworden. Aber eines ist gleich geblieben: Weihnachten ist – wie in aller Welt - ein Familienfest. Man fährt immer noch „nach Hause“ in die Dörfer zu den
Verwandten, man isst, trinkt und feiert. Dadurch ist in der Stadt über Weihnachten der Gottesdienstbesuch schwächer als sonst, dagegen in den Dörfern besonders gut. Und allen Veränderungen zum
Trotz ist über alle Grenzen und durch alle Zeiten die Botschaft dieselbe geblieben: Unser himmlischer Vater kommt an Weihnachten als Mensch in Jesus Christus zu uns und feiert mit uns.
Weihnachten ist eine Zeit der Freude und der Verkündigung Jesu Christi. Sobald es Dezember ist, gehen wir mit den Kindern in die umliegenden Dörfer und Städte, um die Frohe Botschaft Gottes an
die Menschen weiterzugeben. Für die Kinder ist das immer wieder die schöns te Zeit im Jahr. Wir ziehen durch die Straßen und verkünden die Geburtsgeschichte Jesu. In jedem Ort finden sich viele
Menschen zusammen, für die wir Weihnachtslieder singen und Sketche vortragen. Vor diesem Spektakel sind die Kinder sehr aufgeregt und freuen sich. Außerdem bereiten wir viele Süßigkeiten zu, die
wir dann an Nichtchristen, vor allem an Kinder, verteilen. Als Weihnachtsessen gibt es bei uns das sogenannte „Birayani“, eine typisch traditionelle indische Mahlzeit mit Huhn und Lamm. Im
Kinderheim findet ein Weihnachtssingen statt, zu dem wir die Lehrer unserer Schüler und deren Freunde einladen. Wir singen, spielen, feiern und essen auch zusammen. Ein großes Highlight für die
Kinder ist immer das Verteilen der Geschenke. In der Advents- und Weihnachtszeit dreht sich alles darum, Beziehungen aufzubauen und unsere Freundschaften mit all unseren Brüdern und Schwestern
auf der ganzen Welt durch die Liebe unseres Herrn Jesus Christus zu stärken.
Kuba hat, wie die meisten lateinamerikanischen Länder, ein christlich-katholisches Erbe. Das Weihnachtsfest gehörte zum Reichtum dieses Erbes. Unsere Eltern erzählen, dass die Feiern am
Weihnachtsabend, am Vorabend des 25. Dezembers, zu den beliebtes - ten Festen der kubanischen Familien gehörten. Der 25. Dezember war ein Feiertag für die gesamte Bevölkerung. Der Weihnachtsbaum,
die Weihnachtslieder, der Weihnachtsbaumschmuck und vieles mehr bestimmten die Atmosphäre in den Städten und auf dem Land und am 6. Januar brachte der Weihnachtsmann Geschenke für die Kinder.
Doch die Freude und Schönheit dieses Erbes nahmen ein jähes Ende. 1959, mit dem Sieg der Revolution auf Kuba, hat die Regierung alles Mögliche getan, um die Feier des Weihnachtsfestes zu
unterbinden. Die Geschichte der Geburt Christi wurde von der Geschichte der sozialistischen Revolution überschattet. Ich wurde 1971 geboren, zu diesem Zeitpunkt gab es schon keine Spur mehr von
den volkstümlichen Weihnachtsfeiern: keinen Weihnachts- oder Neujahrsgruß, keinen Weihnachtsbaum, kein Fest der Heiligen Drei Könige. Man hat tatsächlich aufgehört, die Kinder am 6. Januar zu
beschenken. Stattdessen begann man, die Geschenke am 26. Juli auszuteilen, ein wichtiges Datum im Revolutionsprozess auf Kuba. Eigentlich gehörte ich zu den wenigen Kindern, die wussten, was
Weihnachten bedeutet, weil meine Eltern Christen waren. Mit Fantasie und Kreativität gegen staatliche Verdrängung Die Kirchen wurden zu Ghettos, in denen Weihnachten noch gefeiert wurde. Der
ganze Einfallsreichtum der Kubaner wurde auf die Probe gestellt, wenn wir jedes Jahr im Dezember Weihnachtsschmuck bastelten, dafür sorgen mussten, dass die alte Lichtergirlande wieder leuchtete,
den alten Weihnachtsstern an den ebenso alten Weihnachtsbaum anzubringen, die Engelsflügel zu reparieren und die Krippenfiguren einigermaßen in die rechte Perspektive zu rücken. Aber irgendwie
stand dann immer am 1. Dezember wieder ein leuchtender Weihnachtsbaum in den Kirchen. Man bescherte sich gegenseitig und durch Predigt, Lied und Theaterspiel wurde wieder verkündigt, dass Gott
als ein Kind zur Welt gekommen war. Ich habe keinen Zweifel, dass die scheinbare Tragödie nur dazu gedient hat, dass auf Kuba die echtes ten Weihnachtsfeste gefeiert wurden, unbeschmutzt vom
geschäftlichen Treiben. Weih nachten wurde in Kuba wieder zu einem echten christlichen Fest. Als Papst Johannes Paul II. Kuba im Januar 1998 besuchte, machte er sich dafür stark, dass die
Regierung den 25. Dezember wieder zu einem Feiertag erklären sollte. Seitdem wird wieder Weihnachtsschmuck verkauft. Es ist interessant zu beobachten, wie die Wurzeln des Festes in den
kubanischen Familien überlebten. Trotz dürftigem Einkommen sind die Kubaner bereit, hohe Preise für die Dekoration zu zahlen, um zu signalisieren, dass bei ihnen Weihnachten gefeiert wird. Und
obwohl manche Familien das Weihnachtsfest nicht mehr feiern, hat die christliche Gemeinde auf Kuba immer das Erbe des Weihnachtsfestes gehütet.
Seit 2011 herrscht ein erbitterter Bürgerkrieg in Syrien. Schon lange geht es nicht mehr um die Demokratisierung der Republik Syrien, sondern um ethnische und religiös begründete Konflikte. Nicht
nur islamistische Kräfte haben durch Terror und Vertreibung die jahrtausendealte christliche Kultur in Syrien nahezu völlig erstickt. Zu Beginn des Bürgerkriegs 2011 war nur noch jeder zehnte
Syrer Christ. Inzwischen ist die christliche Kultur der Levante, von der westlichen Welt weitgehend ignoriert, durch den Terror des IS und anderer radikaler Gruppierungen in Syrien vom Untergang
bedroht. Dennoch wird auch in Syrien Weihnachten gefeiert. Es ist nach Ostern das zweithöchste Fest des Kirchenjahres in der katholischen Kirche und hat als Fest der Familie einen besonderen
Stellenwert. Das Weihnachtsfest beginnt vielerorts schon am Vormittag des 24. Dezembers, des letzten Tages der adventlichen Fastenzeit, mit einem Hymnus, der dem Gesang der Engel bei der
Verkündigung der Geburt Jesu unter den Hirten entnommen ist: „Verherrlicht ist Gott in der Höhe und auf Erden Friede bei den Menschen seiner Gnade.“ Plastiktannen und Prozessionen Der bunt
geschmückte Weihnachtsbaum hat – meist als Plastiktanne – Einzug gefunden in die Wohnzimmer. Ein einfaches Abendessen beschließt die vorweihnachtliche Fastenzeit. An einigen Orten ziehen
Prozessionen durch geschmückte Straßen. Die nächtliche Christmette dauert bis zu vier Stunden. Dann besuchen sich die Kinder gegenseitig und bringen sich Süßigkeiten. Am Vormittag, nach der
Weihnachtsmesse, beschenken die Erwachsenen einander. Erst danach wird das große Festessen zubereitet, meist Lamm oder Geflügel, dazu viele Beilagen und zum Abschluss Süßspeisen. Die Kinder
bekommen Geschenke vom Weihnachtsmann, der hier Papa Nuel heißt. Wo Christen und Muslime in Frieden miteinander leben, besuchen Muslime ihre christlichen Nachbarn mit kleinen Geschenken und Glück
wünschen zum Weihnachtsfest, eine Geste, die von den Christen zum muslimischen Opferfest erwidert wird. Am späteren Abend treffen sich in den Dörfern und auf den Hauptplätzen der Städte Nachbarn
und Freunde zu traditionellen Spielen und beschließen den Abend mit dem ersten Glas Wein.
Für die meisten Menschen in Korea ist Weihnachten eine Reihe von tollen Partytagen am Ende des Jahres. Man konzentriert sich mehr auf den Weihnachtsmann und die Geschenke als auf Jesus Christus.
In Korea ist Weihnachten – anders als in Deutschland – kein Familienfest. Für die Christen ist es das Fest der Geburt Jesu Christi, an dem sie sich über sein Kommen in diese Welt freuen und dies
gemeinsam feiern. Die meisten nehmen bewusst an Gottesdiensten und besonderen kirchlichen Veranstaltungen teil. Besonders beliebt sind in der Weihnachtszeit die Theateraufführungen von Kindern
und ihr fröhlicher Gesang. Viele Kirchengemeinden laden die Menschen aus der Nachbarschaft zu Wohltätigkeitsveranstaltungen und einem großen Festmahl ein. Aus den Kirchengemeinden heraus werden
Menschen in Waisenhäusern, Pflegeheimen und Krankenhäusern besucht, um mit ihnen gemeinsam die Freude über Weihnachten zu feiern und zu teilen. In den meisten Kirchen finden am Heiligen Abend
Festivals für alle Kirchenglieder statt. Am ersten Weihnachtstag wird in den Kirchen der eigentliche Weihnachtsgottesdienst gefeiert, wo auf die biblische Botschaft vom Kommen Jesu gehört wird.
In Korea verbringen die meisten Christen die Weihnachtsfeiertage und Weihnachtsferien in den Kirchengemeinden, um gemeinsam die Gegenwart Christi zu feiern.
Ein typischer Weihnachtsbrauch der koreanischen Kirchen war bis weit in die 1990er Jahren das sogenannte „Sebyok- Singen“. Traditionell versammelten sich in den frühen Morgenstunden des 25.
Dezember vor den Häusern von Kirchenmitgliedern kleine Chöre und sangen Weihnachtslieder. Danach segneten sie einander und wünschten sich frohe Weih - nachten. Leider ist heutzutage solches
Singen wegen der vermeintlichen „Ruhestörung“ deutlich zurückgegangen.